Poschiavo - Le Prese
Nach der Ausfahrt aus dem geschäftigen Bahnhof Poschiavo bleibt die Berninabahn noch an der Westflanke des Tales. Die Strecke sinkt langsam, durchquert den Engpass bei Sant'Antonio, kreuzt die Kantonsstrasse und folgt dann als Strassenbahn auf der linken Strassenseite bis nach Le Prese am oberen Ende des Lago di Poschiavo.
Südlich, kurz nach dem Verlassen der Station Poschiavo befindet sich neben dem Bahntrasse der eindrückliche Direktionssitz der Kraftwerke Brusio.
Foto von 1929, Festschrift 25 Jahre KWB
Hier eine seltene Karte, welche den Streckenverlauf ausgangs Poschiavo aufzeigt. Links im Kreis ist die Südseite des BB-Depots Poschiavo zu sehen mit dem ersten Stationsgebäude und dem Chalet. Im Hintergrund das Dorf und die hochsommerlichen Berge.
Hübsche Aufnahme in schwarz weiss. Im Hintergrund sehen wir das weisse Gebäude der Direktion der Kraftwerke Brusio
In der Vergrösserung ein schöner, schlichter gemischter Zug der Berninabahn. Und auch Bettina Crameri ist zugegen und sammelt Schmetterlinge mit ihrem Netz
Hier blufft die Karte und gibt eine Zugskreuzung unterhalb von Poschiavo vor. Tatsächlich gibt es zwischen Poschiavo und Le Prese keine Kreuzungsmöglichkeit - bei diesem bescheidenen Fahrplan ist das auch nicht notwendig.
Die wirkliche Strecke ist auf der Karte schwach ersichtlich - siehe Detail unten. Links ist BCe4 10 erkennbar, der Zug nordwärts ist sehr gut frequentiert.
Die wirkliche Strecke ist auf der Karte schwach erkennbar, siehe Detailausschnitt. Gelb die Masten und orange die Gleislage. Der Lyrabügel des Triebwagens ist etwas lang geraten, der Ansatzpunkt ist gut sichtbar.
Ebenfalls eine schöne, kolorierte Aufnahme von der gleichen Stelle (Haus mit Pultdach beachten)
Sant'Antonio / San Antonio / St. Antonio / S Antonio
Das sind die vier Schreibweisen, die ich bisher gefunden habe... Hier sind wir an einer markanten Stelle der Berninabahn. Die Trasse trifft hier auf die Kantonsstrasse, die BB hat von hier bis nach Meschino/Miralago absoluten Strassenbahn-Charakter.
Bis heute ist dieses Engnis nicht behoben - und für Fahrgäste* und Fotografen ein Spektakel.
*= mindestens für jene glücklichen Eisenbahnpassagiere, die sich noch in einen Wagen mit Senkfenstern vor einem Allegra-Massentransport retten können und eine echte Bahnreise erleben...
Das Zanolari-Haus an der Kreuzung
Hier das Ristorante e Negozio in seinen Anfängen, mit noch kleinem Gemüsegarten
An diesem Haus kommt die Berninabahn von Poschiavo her von rechts und kreuzt die Strasse.
Interessant wäre zu wissen, wo der Fotograf gestanden hat: Die Fahrleitung ist direkt vor seiner Nase...
"Negozio e ristorante Zanolari Luigi St. Antonio / Poschiavo"
So ist diese Postkarte ein paar Jahre später beschriftet. Inzwischen hat eine Gartenwirtschaft den Platz des Gemüses eingenommen.
Karte vermutlich aus den 50ern/60ern
Nebst einem VW Käfer steht hier auch dieses Auto. Wer kennt sich aus?
Der Aufschwung ist geglückt!
Jetzt ist es eine Pension Zanolari geworden, die Gartenwirtschaft wurde teilweise überbaut, der Sonnenschirm ist aufs Dach gewandert.
Hier die ganze Postkarte. Der aufgeblühte Tourismus der 60er oder 70er-Jahre erforderte einen modernen Ausbau
Das Engnis
Hier zuckelt der Triebwagen BCFe4 23 von Poschiavo her kommend durch das Engnis. Beachtenswert am Triebwagen ist die noch komplette "Ausrüstung" an der Front, sogar die Dachruten für die Beleuchtung der Wagen ist noch vorhanden! Es ist einer der Triebwagen, der bis zu seinem Abbruch im Jahr 1971 seine Nummer nie geändert hat.
Dieser Querschnitt zeigt die genauen Masse der Durchfahrt. Er ist im Vergleich zu obigem Bild "seitenverkehrt", die Ansicht ist von Norden nach Süden. Die Kirche ist das Gebäude Nr. 617, die Treppe ist eingezeichnet. 406 cm sind es zwischen der Kirchenecke und dem Fallrohr des Hauses 609, dies scheinen die engsten Abstände zur Gleisachse zu sein, stehen sich die beiden Gebäude nämlich nicht direkt gegenüber.
Interessant ist die Referenzierung nach "Rh.B.-Konstruktionsprofil"
Die Rillenschienen gleichen das Niveau mit der Kiesstrasse etwas aus. Links neben dem Triebwagen befindet sich die Treppe zum Eingang der Kirche. Gut zu erkennen ist die Fahrleitung mit zwei Drähten.
Hier weitet sich die Strasse wieder. Die Stelle befindet sich gleich vor der weiter unten abgebildeten Top-Postkarte. Auf der Höhe des dritten Mastauslegers ist der Balkon des Wirtshauses, die Personen stehen noch etwas weiter weg. Der Fotograf steht noch im Engnis, heute wäre er mitten auf dem wohl längsten Bahnübergang der Schweiz ein Sicherheitsrisiko :-)
Beachte den wenigen Platz, den Bahn und Fuhrwerke teilen. Vermutlich ist das Autofahrverbot noch in Kraft (bis 1928).
Haltestelle S. Antonio
Prachtskarte der Spitzenklasse aus Sant'Antonio! Eine wunderbare Ansicht des "Wirtshauses" (man beachte die deutschsprachige Anschrift), der gemütlichen Runde am Tisch draussen und der kurz haltende BB-Zug unter der typischen Fahrleitung!
Es muss ein heisser Tag gewesen sein. Der Lokführer hat beide Frontscheiben des Triebwagens gesenkt. Aufnahmen von dieser "Kühlung" gibt es nur vereinzelt. Die Absenkung der Fenster wurde schon früh aufgegeben, ich vermute, dass die Fenster nicht dicht waren.
Hier befand sich die Haltestelle bis etwa in die 80er Jahre. Heute befindet sich genau an dieser Stelle die Barriere für die Autos.
Heute wäre diese Situation unvorstellbar - oder zumindest extrem ungemütlich! Aber das Bündner Fahrverbot für Automobile gilt noch für fast 10 Jahre und deshalb stören weder Strassenlärm oder Staub die gemütliche Tee-Runde an der Sonne. Vielleicht ist die vorbeirumpelnde Berninabahn sogar eine willkommene Attraktion für die Gäste!
Mehr über das Fahrverbot in Graubünden hier
Unter dem Balkon des ehemaligen Wirtshauses war die Stationsbezeichnung angebracht. Am 14. März 1972 waren sowohl die beleuchtete BB-Bezeichnung unter der Balkonplatte wie auch das rote RhB-Schild am Geländer angebracht.
Zum Vergleich die heutige Situation: Rechts erkennen wir die "Wirtschaft" mit den zwei Balkonen, der Fensterteilung und den drei kleinen Fenstern oben. Die Ecksteine sind immer noch deutlich zu sehen.
Die Strecke der Berninabahn verläuft schon lange im eigenen Planum neben der Strasse. Undenkbar, heute hier gemütlich einen Tee zu trinken!
Das Haus war 2012 im Umbau. Deutlich sieht man die strenge Symmetrie der Fassage, die Fenster sind etwas kleiner geworden. Durch das Anheben des Strassenniveaus schon vor langer Zeit wurde die Haupteingangstüre der Wirtschaft nicht mehr benutzbar.
Top-Rarität!
Die zweite mir bekannte Postkarte aus Sant'Antonio. Gut zu sehen, wie die Berninabahn in diesem Abschnitt (bis nach Meschino/Miralago) als Strassenbahn unter Mitbenutzung der Strasse ausgeführt wurde. Rechts erkennen wir die enge Stelle bei der Kirche.
Annunziata (heute Li Curt)
Leider ist mir bisher weder eine Fotografie noch eine alte Postkarte von Annunziata in die Finger gekommen. Dafür dieser Plan, der die Situation der Haltestelle darstellt. Der Weiler liegt auf der anderen Seite des Poschiavino, praktischerweise befindet sich die Haltestelle bei der Brücke über den Poschiavino.