Das "Provisorische Restaurant" auf Alp Grüm
Es ist auf Grund der Faktenlage im Moment unklar, weshalb die beiden Holzbauten als "provisorisches Restaurant" bezeichnet wurden. Dass das aufwendige Steingebäude von 1923 bereits in Planung war, glaube ich nicht. Auf dem Stationsplan war es nicht eingezeichnet (wohl aber das Abstellgleis, obwohl dieses eindeutig nach der Erstellung der beiden Holzbauten gebaut wurde). Erst kurz darauf erscheint es als roter Eintrag, siehe weiter unten.
Für die ungefähre Datierung von Aufnahmen der Station Alp Grüm aus der Epoche 1910 bis 1923 helfen uns die verschiedenen Um- und Anbauten, die Farbgebung der Fassade, die Beschriftungen und der Bazar (Kiosk), der etwas oberhalb platziert wurde. Ebenso Baumaterialien und Restinstallationen, die anfangs noch in der Kurve vorhanden waren.
Nicht realisierter Entwurf
Hier ein Bauplan, der das "Provisorische Restaurant" als zweigeschossiges Einzelgebäude darstellt, das "später als Arbeiterlogis zu verwenden" ist. Auf dem Grundriss ist der Aufgang zum Obergeschoss aussenliegend vorgesehen.
Der Plan datiert "St. Moritz, 8. Juni 1910", es blieb also nicht viel Zeit für den definitiven Plan und die Erstellung des Gebäudes!
Auf diesem Plan erkennen wir das geplante Einzelgebäude, rot von Hand eingetragen.
Vermutlich fast definitiver Plan
Hier haben wir einen Plan, der die Proportionen und die Aufteilung des immer noch "provisorischen" Restaurants aufzeigt. Im Erdgeschoss finden wir ein Angestellten Restaurant mit 33 m2 und das
"Herrschafts-Restaurant" mit 50 m2.
Gleisseitig sind das Weinlager, die Speisekammen und die Küche angeordnet.
Die handschriftliche Kapazitätsplanung legt das Haus auf 130-180 Personen aus, inkl. dem Hof und der Terrasse. Auf den verschiedenen Postkarten sind Tische sowohl auf der Südost-Seite wie auch
auf der Seite des Bahnhofs nachgewiesen.
Links scheint von Hand ein Vordach grob skizziert, vielleicht wurde es erst während dem Bau oder kurz nach der Realisierung erstellt, denn auf einigen Aufnahmen sind Leitern und
Dachdeckerarbeiten zu sehen.
Auf allen Postkarten ist an der oben rechten Ecke ein vorstehender Anbau zu erkennen, dieser ist auf dem Plan nicht eingezeichnet.
Hier wird die sonst nie sichtbare Fassage der Hof-Seite (Richtung Südwesten) gezeigt, also in Richtung Palügletscher.
Top Rarität! Hier ein Bild aus dem legendären Fotoarchiv von Luigi Gisep aus dem Jahr 1910.
Es zeigt nicht nur das "provisorische Restaurant" Alp Grüm im Bau sondern zeigt auch die Bauweise auf.
Copyright: Società Storica Val Poschiavo
Ansichten des Restaurants
Eine ganz frühe Ansicht, vermutlich noch vom Eröffnungsjahr, denn sowohl der Vorplatz wie auch die Böschung sind noch ganz "baufrisch", die Kote noch scharf abgegrenzt.
Links erkennen wir den weiter oben erwähnten Anbau, der im Hintergrund vorsteht. Als Nicht-Baufachmann finde ich es ziemlich gewagt, ein Doppelhaus so nahe an die Kante zu bauen, zumal es sich
auf aufgeschüttetes Terrain handelt!
Die Vergrösserung zeigt die elegant gekleideten "Herrschaften". Etwas abenteuerlich ist rechts der Weg um das Haus herum zur Hofseite.
Eine interessante Komposition hat die Alp Grüm verlassen und fährt talwärts in Richtung Palü-Kehrtunnel: Ein Triebwagen BCe4 und der Fe2 haben einen kurzen Güterwagen im
"Sandwich"
Der 1909 abgelieferte Gepäcktriebwagen Fe2 scheint noch seinen originalen Lyrabügel zu haben, dieser wurde beretis 1911 durch den komplizierten Pantografen ersetzt. Die Aufnahme kann also
ziemlich gut auf das Jahr 1910 datiert werden.
Wenn ich diese Karte schon seziere, dann richtig :-) Auf der Rückseite das Porto von 7 1/2 Rappen, entwertet in Samedan. Aber was irritiert an dem roten Stempel? Die Höhenangabe 2212
ü.M. stimmt nicht mit der heute verwendeten Höhe von 2091 Metern über Meer überein. Es scheint nicht die Bahnstation, sondern ein Geländepunkt der Alp zu referenzieren.
Eine sehr schöne Ansicht des eben fertig gestellten Restaurants: Bereits sind die Gäste da, die Tische sind weiss gedeckt, wie es sich gehört.
Bei genauer Betrachtung bemerken wir die angelehnte Leiter und jemand auf dem Vordach kauern. Links neben der Leiter steht wohl ein Handwerker und betrachtet die feinen Leute. Seine Kleidung
unterscheidet sich deutlich, auch die fehlende Kopfbedeckung macht ihn "anders"
Sehr schön, die Sicht auf den noch bis weit in den Talboden reichenden Palügletscher - zu schön allerdings....
....denn auch bei Wehrlis am Zürichsee wurden Sujets zurechtgebogen, respektive zurechtgeschnitten!
Beachte die Pfeile, welche die Nahtstelle über den Köpfen der Gäste markiert. Beim linken Pfeil gehts dann der Hausfassade hoch und über den Giebel, das war der einfache Teil zum
schneiden.
Hier eine tolle, leider undatierte Speisekarte von Alp Grüm!
Beachte die zweisprachige Auslegung (französisch war damals très chic, auch bei den Engländern) und die aufwendige Gestaltung, mir gefallen die beiden Pfauen unten als Dekorationselement besonders! Ich ordne sie deshalb zeitlich dem ersten Restaurant von Alp Grüm zu (Ende der Jugendstil-Epoche).
Interessant auch die Preisgestaltung. Vergleiche die Kosten mit dem Billettpreis von 1926 hier
Eine etwas eigenartige Karte: Die leeren Tische sind nicht wirklich einladend, der einzelne Herr mit Sommerhaut macht es auch nicht besser.
Dafür sieht man den Brunnen gut - und das Panorama ist stimmig. Vergleiche mit der oberen Karte!
Hier sehen wir die Ansicht der beiden frisch erstellten Gebäude ungefähr von Osten.
Hier ist auch die Terrasse erkennbar, das ist auf wenigen Postkarten so.
Dies ist eine der frühesten Karten von Alp Grüm. Sie wurde am 24.6.1911 in Pontresina abgestempelt.
In der Vergrösserung ist die Terrasse sichtbar, ebenso der auf dem Plan noch nicht eingezeichnete Anbau an der Ecke.
Der gerade ausfahrende Triebwagen BCe4 6 ist noch im ursprünglichen Zustand, das Dach ist noch fast "nackt". Dahinter sind zwei BC und ein Post/Gepäckwagen eingereiht.
Wunderbar kolorierte Karte aus der Zeit der Fertigstellung des Baus des Restaurants. Es scheint als seien die Arbeiter gerade fertig mit dem Aufräumen im inneren des Gebäudes. Draussen ist noch
nicht getischt.
Noch muss das Umfeld noch etwas besser planiert werden :-) Immerhin sind die Steine zu Haufen zusammengetragen.
Etwas erhöht wurd der "Bazar Grüm" erstellt, heute würde man wohl Kiosk sagen. Gut ist die aufgeschüttete Ebene erkennbar. Vielleicht wurde diese Postkarte dort erstanden?
Der Bazar erscheint auf späteren Abbildungen nicht mehr.
Diese Karte gehört zwar nicht in dieses Kapitel, aber sie zeigt sehr gut die Übersicht der Standorte der verschiedenen Gebäude. Seit 1923 dominiert klar das neue Aufnahmegebäude und Restaurant
aus Stein, bis zum heutigen Tag DAS bauliche Merkmal von Alp Grüm.
Sammlung Jeremy Rayner
Auf der Vergrösserung sehen wir sehr gut das letzte Überbleibsel aus "alten Zeiten": Einsam steht der Brunnen auf der grossen Fläche wo ehemals die beiden Holzgebäude standen und er den Mittelpunkt in der Gartenwirtschaft bildete - umgeben von flatternden Tischtüchern. Vergleiche mit anderen Bildern weiter oben.